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Pressemitteilung

Haushaltsrede 2011

Diskussionsbeitrag zur Verabschiedung des Haushalts 2011

Es gilt das gesprochene Wort

Wenn ich mich zunächst in einer ersten Vorbemerkung dem Dank der Vorredner an den Referenten für Wirtschaft und Finanzen und seiner Mitarbeiter in diesem Referat, auch den Zuarbeitern in anderen Referaten anschließe, dann ist das nicht eine gewohnte und geläufige Formel, eine uneingeschränkte Anerkennung der im Interesse aller Bürger und zum Wohl dieser Stadt täglich geleisteten Arbeit, die nicht nur Leistungen verzeichnet, sondern auch viele Erfolge.

Lassen Sie mich an dieser Stelle auch einen Dank an unseren Oberbürgermeister aussprechen. Trotz (oder wegen?) diverser Anträge zum Themenkomplex „Gläsernes Rathaus“ werden die Protokolle der Stadtratssitzungen inzwischen an die Fraktionen verschickt. Dies ist ein Novum in Regensburg und macht Mut, dass der Weg in Richtung mehr Transparenz weitergegangen wird und in absehbarer Zeit eine „Informationsfreiheitssatzung“ auch in Regensburg Realität wird.

Der kritische Leser der euphorischen Verlautbarungen zum erwarteten Anstieg vor allem der Gewerbesteuer kann allerdings eine Verlautbarung des Bayerischen Städtetags vom November 2010, die doch auch unter der Verantwortung des Präsidenten dieser Institution veröffentlicht wurde nicht übersehen. Diese Veröffentlichung würdigt durchaus einen leichten Anstieg an Gewerbesteuern und die mühsam erreichten Verbesserungen im kommunalen Finanzausgleich.

Mit jedem Wirtschaftwachstum muss auch eine entsprechende Entwicklung der sozialen Infrastruktur und der Bildungseinrichtungen einhergehen. Aber der Bayerische Städtetag sieht die Finanzlage der bayerischen Kommunen als unverändert prekär an. Sie dürften nun keineswegs an größere Ausgaben denken, sondern zunächst die Defizite decken und an die Haushaltskonsolidierung herangehen. „Es dauert noch geraume Zeit bis die Kommunen wieder handlungsfähig werden und Luft für Investitionen bekommen…Es bleibt bei der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen. Die Spielräume bleiben eng.“ Damit erscheint uns eine steigende Verschuldung, auch wenn sie die ursprünglichen Befürchtungen nicht erreicht, schlecht vereinbar, noch mehr das Streben nach permanentem und grenzenlosen Wirtschaftswachstum, auf dem die Hoffnung auf immer weiter steigende Steuereinnahmen und die Bewältigung eines nach wie vor besorgniserregenden Schuldenberges beruht.

Mehr als in früheren Jahren werden die Beratungen des Haushalts und der Finanzplanung bis zum Jahr 2014 von politischen Diskussionen und öffentlichen Erörterungen zu den Zukunftsthemen von Erziehung und Bildung, von Wissenschaft und Kulturereignissen beherrscht.

Regensburg erhebt zwar den Anspruch, eine Stadt der Wissenschaft zu sein, was sie tatsächlich seit mehr als einem Jahrtausend ist. Sie ist aber auch eine Schulstadt, sodass die Investitionen in Schulen einen Schwerpunkt innerhalb des Investitionsprogramms darstellen. In diesem Zusammenhang ist es nachdrücklich zu begrüßen, dass Einrichtungen der frühkindlichen Förderung, für deren Schaffung und Unterhalt, besonders auch freien Trägern und privaten Initiativen Anerkennung gebührt, von der Stadt Regensburg mit hohem finanziellen Aufwand unterstützt werden. Zu begrüßen sind auch Investitionen in Schulen dringend notwendige Sanierungen und Neubauten, auch wenn der Bau der Beruflichen Oberschule/Fachoberschule eine höhere Priorität verdient hätte. Wir wollen aber die Versäumnisse früherer Jahre nicht dem heutigen Schulreferenten anlasten. Mit Sorge stellen wir aber auch fest, dass das Gebäude von St. Fidelis für das Goethegymnasium nicht mehr im Investitionsplan erscheint. Es bleibt zu hoffen, dass Regensburg aus den 60 Mio. Euro bedacht wird, die der Ministerpräsident in seinem Programm „Aufbruch Bayern“ zur Förderung kommunaler Schulbauten angekündigt hat.

Zu bedauern ist auch, dass die freien Träger der Erwachsenenbildung stiefmütterlich behandelt werden, obwohl sie doch als eine notwendige und begrüßenswerte Ergänzung und vom Gesetzgeber als gleichrangig anerkannte Einrichtungen neben kommunalen Volkshochschulen angesehen werden. Auch die Museen der Stadt und anderer Institutionen sind Bildungsträger. Sie stehen auch im Dienst der schulischen Bildung und eines lebenslangen Lernens, der Verbundenheit mit der Geschichte und Kultur der eigenen Stadt und historischen Wurzeln und Herkunft. Es ist nicht zu verkennen, sondern in besonderer Weise dankbar zu bewerten, dass mit großen Ausstellungen immer wieder an bedeutende Künstler der Vergangenheit und der Gegenwart, an historische Zusammenhänge und Entwicklungen der Stadt erinnert wird. Eine kritische Würdigung bestimmter Umstände hat bereits im Kulturausschuss stattgefunden und ist in nächster Zeit zu vertiefen. Solche Ereignisse dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen und vergessen lassen, dass die Museen der Stadt eher ein Stiefkind der Kulturpolitik sind, wenn es um Öffnungszeiten, Ankaufsmittel und schlicht Personal geht, vor allem aber um die noch ausstehende vollkommene Erneuerung des Historischen Museums. Dies sind wir nicht nur den um das museale Erbe der Stadt bemühten Bürgern des 19. und 20. Jahrhunderts schuldig, sondern auch dem Anspruch, den wir dem Welterbe der UNESCO schulden. Dieser Titel, dem die Stadt manche Anstöße und Mittel verdankt, darf nicht vordergründig Werbezwecken und Profitinteressen dienen.

In engem Zusammenhang mit diesen notwendigen Anstrengungen der kommenden Jahre sehen wir die Aufgaben der Denkmalpflege in Regensburg. Ihre grundlegende Voraussetzung ist das Bayerische Denkmalschutzgesetz und die Zusammenarbeit mit dem Freistaat Bayern. Es ist unbestritten und positiv zu werten, dass die öffentliche Hand, Staat und Stadt sich um eigene Gebäude mit großem Aufwand und sichtbarem Erfolg annimmt. Dass den Kirchen eine städtische Unterstützung bei kostspieligen Maßnahmen der Denkmalpflege versagt wird, ist ungerecht und mit dem historischen Rang solcher Denkmäler für die Geschichte der Stadt nicht vereinbar.

Auch die Bemühungen vieler privater Eigentümer von Baudenkmälern vor allem im historischen Kern der Stadt verdienen nachdrückliche Anerkennung und Unterstützung, vor allem dort, wo es um die fortdauernde Bewohnbarkeit dieser Quartiere geht. Die ganze Bandbreite der Sinnstiftung durch Denkmäler und Kulturlandschaften reicht in Regensburg von den römischen Denkmälern über die Steinernen Brücke bis zu den Zeugnissen des 19. und 20. Jahrhunderts.

Sie gehen über das Welterbe hinaus, das deshalb nicht der einzige Maßstab für die Bewahrung unseres Stadtbilds sein und nicht dem Denkmalschutzgesetz widersprechen darf. Daran ist bei der Diskussion um die sogenannte Westtrasse und die Steinerne Brücke zu erinnern.

Denkmäler der Geschichte, der Kultur und Kunst, oft an einer wirtschaftlichen Nutzung für die Tourismuswerbung orientiert, haben für alle Bürger einen hohen Erinnerungswert. Regensburg bietet aber auch Beispiele gerade für die kreative, künstlerische Gestaltung von solchen Zeichen der Überlieferung vom Neupfarrplatz bis zum Donauufer. Für ein Denkmal von mehr als Erinnerungswert bin ich seit Jahren eingetreten. Auf den Gedenktafeln in den Kirchen und Schulen, auf Denkmälern an öffentlichen Plätzen wird in Regensburg wie andernorts an die Gefallenen und Vermissten, auch an die zivilen Opfer der beiden Weltkriege erinnert. Nirgends aber gibt es in dieser Stadt einen Ort, an dem aller jüdischen Opfer des Holocaust, der Mitbürger unserer Eltern und Großeltern, mit Erwähnung all ihrer Namen gedacht wird. So habe ich einen solchen Wunsch vor bald 10 Jahren, beim Gedenkabend für die Opfer der Deportation in der jüdischen Gemeinde vorgetragen und diesen Wunsch und diese Hoffnung als Antrag in den Kulturausschuss des Stadtrats eingebracht. Sie suchen ein solches Zeichen der Erinnerung bisher vergeblich. Dankbar sind wir Spätgeborene, aber auch die Kinder und Enkelkinder der ermordeten Mitbürger bei ihren Besuchen in der einstigen Heimatstadt, wenn sie in den Stolpersteinen einem Zeichen der Erinnerung begegnen.

Bei der anstehenden Erweiterung und Neugestaltung des jüdischen Zentrums anstelle der 1938 so schändlich niedergebrannten Synagoge geht es um mehr als eine Aktion Sühnezeichen. Die Stadt und ihre Bürger sind aufgefordert zu einem Akt der Wiedergutmachung, auch wenn dieser Bau und seine Finanzierung durch die Stadt Regensburg dies nur in unvollkommener Art sein kann. Dieser Bau hat seinen Platz noch nicht in der mittelfristigen Finanzplanung gefunden. Aber es ist dies für kommende Jahre zu bedenken.

Eines der offenkundigen Konfliktfelder zwischen Stadtbewahrung, Denkmalpflege und vielleicht auch dem Welterbe–Anspruch auf der einen Seite und planerischen und politischen Vorstellungen auf der anderen Seite ist die Bewältigung des Verkehrs in der Stadt und aus ihrem Umfeld. Das betrifft nicht nur das noch nicht aufgegebene Projekt einer zusätzlichen Donauüberquerung durch eine West- oder Osttrasse, sondern auch die Heranführung des Individualverkehrs in die Innenstadt und bewohnte Gebiete. Widersinnig ist eine Durchleitung von zusätzlichem Autobahnverkehr über eine Regenbrücke mit der Folge von mehr Verkehr in solchen Stadtgebieten, so dass eine Zustimmung zum Ausbau der Nordgaustraße im geplanten Ausmaß sich verbietet. Wir vermissen nach wie vor eine richtungweisende Konzeption für den ÖPNV, wenn auch mit der Einführung des „Regensburg-Sterns“ eine Forderung erfüllt wird, die die ÖDP schon in ihrem Wahlkampfprogramm von 1990, also vor 20 Jahren, erhoben hat. Entscheidend für eine solche Konzeption könnte eine entschiedene Förderung der Stadtbahn und des Radverkehrs wirken. Dies muss auch einen Teil einer bisher immer noch vermissten ökologischen Gesamtkonzeption für die Stadt Regensburg bilden, also eine ökologische Leitlinie, die umweltbewusste Verkehrsarten, die Verminderung von Lärm und schädlichen Abgasen einschließen müsste.

Letzten Endes ist auch die Förderung der Stadtteilkultur, die gerade in jüngster Zeit im Süden und Osten Regensburgs neue Initiativen und Aktivitäten entwickelt hat, auch unter dem Gesichtspunkt einer umweltgerechten Stadt von höherem Rang als eine zentrale Kulturinstitution. Darüber sollte auch angesichts der Finanzlage kommender Jahre nachgedacht werden, ebenso über den hohen Aufwand für ein Sportstadion zugunsten des bezahlten Profifußballs, der nach meiner Auffassung hinter der Förderung des Jugend- und Schulsports ebenso wie z.B. der Realisierung eines Sozialtickets zurückstehen sollte.

Wenn die ÖDP-Fraktion in diesem Stadtrat diesem Haushalt 2011 und der Investitionsplanung der kommenden Jahre nicht zustimmt, dann tut sie dies aus eigener Überzeugung und mit dem Blick auf die hier angesichts der Kürze der Zeit nur in Auswahl vorgetragenen Einwände. Dass auch andere Fraktionen und Stadträte die gleiche Überzeugung vertreten,  beruht auf jeweils unabhängiger Entscheidung. Daher gibt es keinen „Befehlsempfang“, den unser Oberbürgermeister uns vor kurzem unterstellt hat. Es gilt, wie sich erst kürzlich erwiesen hat die Verantwortung des einzelnen Stadtrats und seine Gewissensentscheidung. Ich war in meinem Leben nie Befehlsempfänger, aber auch nicht Befehlsgeber oder gar Befehlshaber. Diese Unabhängigkeit und zugleich die Verantwortung gegenüber dem Wähler und dem immer wieder beschworenen „Wohl der Stadt und ihrer Bürger“, gebe ich nicht für einen Fraktionszwang, wie ihn andere kennen und erfahren, vielleicht auch unwillig hinnehmen, preis. Dabei weiß ich mich der Zustimmung vieler Bürger und nicht nur der eigenen Wähler sicher. Diesen Bürgern unserer Stadt bin ich zu Dank verpflichtet, auch am heutigen Tag.

Dr. Eberhard Dünninger, Fraktionsvorsitzender

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