Pressemitteilung
10 Jahre Reaktorkatastrophe von Fukushima
Dies ist ein Meinungsbeitrag von Robert Fischer, Direktkandidat der ÖDP Regensburg für den Wahlkreis Regensburg Stadt und Regensburg Land.
Am 11. März jährte sich die Reaktorkatastrophe von Fukushima zum zehnten Mal. Zu diesem Anlass lud das BÜFA zur Enthüllung ihres Protestplakates gegenüber der Bayernwerk AG ein.
Eine als sicher titulierte Technologie hat dann doch immer mal wieder einen Zwischenfall, welchen dann viele Generationen ausbaden müssen.
34 Einträge groß ist die „Liste von Unfällen in kerntechnischen Anlagen“ auf Wikipedia [1]. Am bekanntesten ist wohl die Reaktorexplosion von Tschernobyl (1986) und eben Fukushima (2011).
Trotzdem kommt Kernenergie wieder als Lösung ins Gespräch, um vermeintlich in der Klimakrise zu helfen. Auslöser dürfte unter anderem Bill Gates und andere Tech-Unternehmen sein, die sich auf diese Technologie versteifen und viel Geld und Einfluss besitzen. Auffällig ist auch, wie viele positive Berichte über den Laufwellenreaktor von Bill Gates Firma TerraPower auf YouTube auftauchen.
Ich bin kein Fundamentalist. Wäre die Kernenergie eine vernünftige Lösung, die Klimakrise zu lösen und unseren Energiebedarf zu stillen, könnte man mich wohl als Technik-Begeisterten auch von der Kerntechnologie überzeugen.
Deshalb ist es schade, dass wir im Jahr 2021, nach vielen Jahrzehnten Aufklärungsarbeit immer wieder die Nachteile der Kernenergie durchkauen müssen.
Neben den Sicherheitsproblematiken während des Betriebs und der Endlagerungsproblematik gibt es noch viele weitere Nachteile, welche angeblich bald behoben sind, wenn es nach der Atom-Lobby geht.
Ein Nachteil ist die geringe Verfügbarkeit von Uran235 auf unserem Planeten. Würden wir den gesamten Energiebedarf der Menschheit mit herkömmlichen Kernkraftwerken versuchen zu decken, würde das Uran235 nur wenige Jahrzehnte ausreichen. [2]
Deshalb wird schon seit Beginn der Kernenergie-Forschung daran gearbeitet, auch andere Elemente zu verstromen. Zum Beispiel Uran238, das häufiger vorkommt und auch ein „Abfallprodukt“ herkömmlicher Kernkraftwerke ist. Hieran forscht unter anderem Bill Gates mit seinem Laufwellenreaktor.
Die Betonung liegt auf forscht. Wann und ob dieser je großflächig einsatzfähig ist, ist derzeit nicht abzusehen. Das können zehn Jahre sein, das können 50 Jahre sein oder nie.
In der Atom-Szene ist auch der BN800 aus Russland sehr beliebt und wird immer wieder als Lösung angebracht. Dieser sogenannte schnelle Brüter kann auch mit Uran238 betrieben werden und ist angeblich 60-mal effizienter als herkömmliche Reaktoren. Dieser ist seit 2014 in Betrieb und es gibt so gut wie keine Aufzeichnungen, die Russland herausgegeben hat. Er scheint also gar nicht wirtschaftlich zu sein, sonst würden sie diesen in die Welt exportieren. Das Nachfolgemodell der BN-1200 ist erst für nach 2030 geplant in Betrieb zu gehen. China plant den Forschungsreaktor CFR-600 für 2023.
Das bringt mich endlich zu meinem Punkt. Wer jetzt Kernenergie propagiert, erkennt die Dringlichkeit der Klimakrise nicht an. Deutschland muss, wenn es das 1,5 °C-Ziel einhalten will bis 2032 klimaneutral werden. Beim 1,75 °C-Ziel bis 2038.[3]
Die Kernenergie ist also stand heute gar nicht in der Lage, unsere Energieprobleme dauerhaft zu lösen und neue Reaktortypen brauchen noch sehr viel Forschungsarbeit. Und selbst dann ist die Sicherheitsproblematik und Endlagerungsproblematik noch nicht gelöst, auch wenn die Abfallprodukte schneller Brüter „nur noch“ hunderte und nicht Millionen Jahre strahlen…
Hinzu kommt, dass der Bau solcher Anlagen auch Jahrzehnte dauern kann. Vor allem, wenn man sie nach neuesten Sicherheitsvorkehrungen baut.
Wer jetzt auf Kernenergie setzt, will die Klimakrise nicht schnellstmöglich lösen, sondern schiebt die Lösung unnötig nach hinten. Doch dann landen wir im Jahr 2100 in einer 4 – 8 °C wärmeren Welt, die für den Großteil der Zivilisation das Ende bedeutet. Das stelle ich mir nicht unter einer enkeltauglichen Politik vor.
Und ja, die EEG-Umlage war eine große Subvention der erneuerbaren Energien. Aber sie hat dazu geführt, dass die Erzeugerpreise von erneuerbarem Strom rapide gesunken sind. Jetzt, wo Solarstrom und Windkraft konkurrenzlos günstig Strom produzieren können, sollen wir auf einmal wieder auf teuren Atomstrom (der trotz Subventionen nicht günstiger geworden ist) umsteigen? Die Logik erschließt sich mir nicht. Windräder und Solarzellen können wir außerdem jetzt sofort aufstellen!
Zugegeben, es gibt noch sehr viel zu tun im Netzumbau. Wir benötigen intelligente Stromnetze mit intelligenten Verbrauchereinheiten und Speicher. Aber hier sind wir technologisch schon sehr weit, wir müssen es nur umsetzen. Würden wir die fossilen Subventionen umschichten auf die erneuerbaren Energien und Speicher, könnte der Umbau vermutlich sogar kostenneutral geschehen.
Derzeit wird die Energiewende aber (auf Bundesebene) hauptsächlich von der Union ausgebremst. Deshalb ist es wichtig, den politischen Druck zum Ausbau der erneuerbaren Energien hochzuhalten und sich bitte nicht von der Atom- und Fossil-Lobbyarbeit irritieren zu lassen.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Unf%C3%A4llen_in_kerntechnischen_Anlagen